Sie gehen davon aus, daß die meisten
Leute, die eine Hochbegabung bei ihrem Kind vermuten, nicht recht haben. Dies mag Ihren
Erfahrungen als "testende" Ansprechstelle durchaus entsprechen. Die Gründe, aus denen Leute
ihre Kinder testen lassen, sind sicher nicht alle uneigennützig und oft genug auch nicht
für das Licht der Öffentlichkeit bestimmt.
Die Kluge Kinder Seite zieht aber eigentlich ein
gänzlich anderes Publikum an. Die Kinder der Leute, die mir
schreiben und erst recht die der Teilnehmer der Mailingliste sind alle wohl zumindest über dem Durchschnitt und es
bestehen bereits irgendwelche Probleme bzw. von Seiten der Eltern werden welche
befürchtet. Die wenigsten Kinder sind getestet und ohne mehr als triftigen Grund wird auch
keiner ins Auge gefaßt.
Die Kinder werden als extrem fordernd empfunden und sind nur auszuhalten, wenn sie permanent Input bekommen. Was das bedeutet, wenn, wie eigentlich
die Regel, mehrere "solcher" Kinder in einem Haushalt leben, können Sie sich vielleicht
vorstellen.
Die Kinder zeigen Fähigkeiten wie das
Wiedererkennen von Wortbildmarken nicht "erst" mit 5 Jahren sondern mit 2.
Die Gabe,
Namen, Orte oder Situationen nach langer Zeit wiederzuerkennen
verblüfft am allermeisten die Eltern
selbst.
"Bei uns" spricht niemand von "sehr gut rechnen",
aber wenn 3jährige Mengen abzählen, einen
Zahlenbegriff haben, der auf
Einschulungsniveau liegt oder im Zehnerraum addieren und
subtrahieren, dann ist es meines Erachtens legitim, wenn die Eltern sich Gedanken machen und sich
weitergehend informieren möchten.
Die Kinder fallen nicht durch die
Quantität ihrer Fähigkeiten auf, sondern durch deren
Qualität. Ein Kind, das permanent mit dem Benennen von
Buchstaben konfrontiert wird, wird sie irgendwann wiedererkennen, so wie ein anderes Kind das
Bild eines Hasen mit "Hase" benennt. Aber nur ein Hochbegabtes wird bereits mit 2 oder 3
Jahren Schrift als Konzept zur Kodierung der gesprochenen Sprache
verstehen und von selbst auf "A wie in Apfel" kommen.
Man kann einem Kind ohne weiteres schon mit 2
Jahren Worte wie rot und grün lehren. Aber nur ein Kluges Kind wird es mit diesem Alter
erfassen, wenn der einzige Unterschied zweier ansonsten identischer Gegenstände in der
Farbe besteht, was damit genau benannt wird.
Man kann jedem Kind das Zählen von 1 bis 10
beibringen, Gegenstände abzuzählen, also bei einer Anzahl von Gegenständen jedem eine Zahl
zuzuordnen, die Reihenfolge einzuhalten und am Ende des Zuordenvorgangs die Menge mit der
letzten Zahl benennen, ist schon eine andere Geschichte.
Und so weiter und so fort.
Die meisten Eltern in unserer Mailingliste sind
sehr unsicher bzw. verunsichert, eben weil sie mit niemandem über ihre Kinder sprechen können,
ohne gleich als Eislaufmutter abgestempelt zu werden und leiden sehr darunter.
Dauernd die Angst, sich nur etwas einzubilden, die Angst, etwas falsch zu machen oder
etwas zu übersehen, bei Fragen immer nur Standardfloskeln zur Antwort wie "bringen Sie
ihrem Kind ja keinen Schulstoff bei", "fördern Sie nur die Defizite", "begabte Kinder
haben sowieso nie Probleme" und so weiter.
Um den Eltern zu zeigen, daß sie sich vielleicht
doch nicht alles nur einbilden, daß sich die Geschichten immer wieder gleichen, daß sie mit
ihren Ängsten und Problemen nicht alleine sind, deshalb gibt es die Kluge Kinder
Seite, deshalb gibt es das Forum und die Mailingliste und deshalb werde ich immer wieder
angeschrieben.
Ich denke, daß die weitaus meisten Eltern, die sich
an mich wenden, wirklich überdurchschnittlich begabte Kinder haben. Die Prozentzahlen, nach denen
nur 15 oder gar nur 5% aller zum Testen vorgestellten Kinder tatsächlich hochbegabt sind,
mögen auf "testende Institutionen" zutreffen, wo eben Eltern hinkommen, die sich weniger
informieren oder bei bestehenden Problemen beraten lassen wollen, sondern die ihr Kind aus
welchen Gründen auch immer testen lassen wollen.
Hierher kommen Eltern, die unsicher sind, die ihre
Kinder eigentlich viel lieber "normal" haben möchten, die Angst haben vor der Diagnose
"Hochbegabung". Deshalb setze ich bei allen Leuten, die mir schreiben, zumindest mal
einen gerechtfertigten Verdacht, ein ehrliches Interesse an der Thematik und ein starkes Bestreben
nach dem bestem Weg für das Kind voraus. Besser ich verschwende ein paar Zeilen
an eine durch Wunschdenken irregeleitete Mutter, als ich weise einen echten Hilferuf
ab.
Jeder, der mit seinem Kind ein Problem hat, jeder,
der aufgrund der Lektüre der Kluge Kinder Seite denkt, ihm
könne hier geholfen werden, jeder, der den Mut aufbringt, mir, einem
fremden Menschen, etwas von seinem Kind zu erzählen,
ist berechtigt, ernstgenommen zu werden.
"Behandle jedes Kind wie ein hochbegabtes, damit
kann man weniger falsch machen wie umgekehrt" ist die Maxime all meiner
Ratschläge.
Hier geht es um
Hochbegabung, unter der Kinder, Eltern und auch die Umgebung leiden, um Hilfestellung und
Erfahrungsaustausch und nicht um Bagatellisierung einzelner
Fähigkeiten.Die Kluge Kinder Seite richtet sich an Eltern mit begabten
Kindern, egal ob diese offiziell bestätigt sind oder nicht. Keinesfalls möchte ich, daß sich
ratsuchende, unsichere Eltern abgeschreckt oder gar abgewimmelt
fühlen.
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Meine Antworten geben nur meine ganz persönliche Meinung wieder.
Meine An- und Einsichten über hochbegabte Kinder begründen sich
in erster Linie auf den Gesprächen in unserer Mailingliste,
auf diverse Literatur sowie auf das Zusammenleben mit meinen Kindern)